Das China-Paradox - Warum keiner die Chinesen versteht und wie man mit ihnen trotzdem Geschäfte macht

Das China-Paradox - Warum keiner die Chinesen versteht und wie man mit ihnen trotzdem Geschäfte macht

 

 

 

von: Hermann Himmelmann, Jürgen Hungerbach

Carl Hanser Fachbuchverlag, 2005

ISBN: 9783446405004

Sprache: Deutsch

251 Seiten, Download: 13497 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Das China-Paradox - Warum keiner die Chinesen versteht und wie man mit ihnen trotzdem Geschäfte macht



Bitte anschnallen (S. 31-32)

Turbulenzen in der Volkswagenrepublik China

Mobile Welten

Jeden Morgen küsst Richard H. seine Frau und die beiden Kinder, bevor der deutsche Manager das ruhige Wohnviertel in einer Seitenstraße der Huqingping Road in Shanghai verlässt. „Ich komme mir vor wie ein Soldat, der in den Krieg zieht", sagt H. beim Einsteigen in den gewaltigen Jeep, den er dem üblichen Manager-Audi A6 vorgezogen hat. „Mein kleiner Leopard", sagt H. und meint den wendigen deutschen Schützenpanzer. „Mit der Familie habe ich ein besseres Gefühl darin." Obwohl nur etwa zehn Millionen Chinesen ein Auto besitzen, kann man bei annähernd 130 000 Verkehrstoten pro Jahr seine Sorgen nachvollziehen.

Die Angewohnheit der Chinesen, auch bei Dunkelheit ohne Licht zu fahren, gleichgültig ob mit dem Auto oder dem Fahrrad, trägt zu dem russischen Roulette auf der Straße ebenso bei wie der Umstand, dass sich viele Fußgänger gerade nachts mitten auf der Straße am wohlsten fühlen. Mehr als die Hälfte der chinesischen Autofahrer besitzt ihren Führerschein erst ein Jahr lang: Ihre offenbar angeborene Taubheit lässt den ungeschützten Verkehr zum Abenteuer werden. „Das Anschnallen im Auto erinnert mich an das Festzurren des Kinnriemens eines Stahlhelms vor der Schlacht", sagt H., bevor er sich diagonal über die belebte Kreuzung mit der Hupe den Weg bahnt. Fast ein Drittel der Autos, die die Verkehrsarterien der Metropolen an der Ostküste hoffnungslos verstopfen, sind deutschen Ursprungs.

Als der große Vorsitzende der Volkswagen AG im De zember 2001 die neuen Produktionsanlagen zur Herstellung des VW Polo in China eröffnete, war die automobile Welt noch überschaubar. Der Financial Times gesteht Bernd Pischetsrieder drei Jahre später: „Ehrlich gesagt, war es die völlig falsche Entscheidung, den Polo in China einzuführen."

Viele ausländische Automobilunternehmen sind hartnäckig in Bezug auf den eingeschlagenen Weg – wenige in Bezug auf das Ziel. Über die Zukunft herrscht bei den meisten Unsicherheit. Eigene und fremde Analysen widersprechen sich. Wohin die automobile Reise in China noch gehen und in welcher Klasse man sitzen wird, ist derzeit Gegenstand nicht nur von Managementzweifeln, sondern auch behördlichen Nachdenkens. Die nationale Entwicklungs- und Reformkommission verabschiedete 2004 neue Grundsätze für Chinas schnell wachsende Automobilindustrie. China Daily bestätigt im Juni 2004 alle Zwei.er. Wie in einem Horoskop heißt es da: „Die neuen Regeln werden die Beschränkungen für ausländische Investoren in der Autoindustrie sowohl lockern wie auch weiter einschränken."

Am Beispiel des Polo.ops wird deutlich, wie schwierig es für deutsche Manager ist, Marktentwicklungen in China zu analysieren oder gar vorherzusagen. General Motors greift an und ist im Begriff, drei Milliarden US-Dollars zu investieren. Bis 2007 will GM mit 20 unterschiedlichen Typen seine Kapazitäten auf 1,3 Millionen Fahrzeuge pro Jahr ausweiten. VW plant dann 1,6 Millionen Einheiten. Nissan, Hyundai, Toyota, aber auch Ford und Citroën wollen ihre Stückzahlen in China vervielfachen. Die Planzahlen der Premiumhersteller wie BMW und Mercedes nehmen sich mit etwa 30 000 Autos pro Jahr geradezu bescheiden aus. Dazu kommt der Preiskampf. Und es hat mit Prophetie nichts zu tun, wenn man vorhersagt, dass von den mehr als hundert Automobilherstellern in China in wenigen Jahren wahrscheinlich keine 30 übrig bleiben. Die jüngste globale Prognose von McKinsey sieht nur acht überlebende Hersteller weltweit in 15 Jahren.

Geflitzt und geblitzt

Für Volkswagen sind die guten Zeiten von Santana und Passat buchstäblich abgefahren. Fast drei Viertel ihrer Produktion nahmen staatliche Auftraggeber ab. Innerhalb Jahresfrist sank der Marktanteil der Wolfsburger von einem Drittel auf ein Viertel im Jahr 2004. So haben die beiden schon historischen Erfolgstypen von VW auch eine politische Geschichte, die im Bewusstsein der Chinesen nicht nur angenehme Erinnerungen hinterlassen hat. Viele Jahre lang brachen sich Tausende dieser Limousinen in den Metropolen, aber auch auf den schlechten Straßen im Hinterland rücksichtslos Bahn.

Hinter den schwarz getönten Scheiben ließen sich Kader und Kommunisten chauf.eren. Kleine und große Verwaltungsallmächtige fuhren rücksichtslos in die Heerscharen der Radfahrer. Ausländer, zum ersten Mal in China, rissen entsetzt die Hände vors Gesicht, wenn ihr Taxifahrer ohne zu bremsen seinen Santana in die Menschenmenge steuerte.

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