Kunststoff-Wissen für Einsteiger
von: Georg Abts
Carl Hanser Fachbuchverlag, 2010
ISBN: 9783446424265
Sprache: Deutsch
224 Seiten, Download: 5452 KB
Format: PDF, auch als Online-Lesen
5 Die Verarbeitung von Thermoplasten (S. 127-128)
Die weite Verbreitung der Thermoplaste ist nicht zuletzt auch auf ihre rationelle Verarbeitbarkeit zurückzuführen. Amorphe Thermoplaste beginnen oberhalb ihrer Glastemperatur, teilkristalline Thermoplaste oberhalb der Kristallitschmelztemperatur zu erweichen und schließlich zu schmelzen. Wird die Temperatur weit genug erhöht, lassen sich Schmelzen mit einer für die Verarbeitung günstigen Viskosität erhalten, die unter Druck in entsprechende Werkzeuge (Formen) gefüllt werden.
Nach Abkühlung besitzt der Kunststoff bereits seine endgültige Gestalt. Aufgrund der guten Fließfähigkeit von Thermoplasten lassen sich auch komplizierte Geometrien in nur einem Arbeitsgang fertigen. Damit sind Thermoplaste anderen Werkstoffen wie Metallen oder Keramiken weit überlegen. Nur Verfahren, wie sie beispielsweise für die Verarbeitung von Polyurethanen verwendet werden, sind stellenweise noch einfacher. Bei Elastomeren ähnelt die Formgebung der von Thermoplasten, allerdings werden die Werkzeuge auf hohen Temperaturen gehalten, um die erforderliche Vernetzung zu ermöglichen. (Hinsichtlich der Verarbeitung von Elastomeren und Duroplasten wird auf das Literaturverzeichnis verwiesen). Bild 5.1 (in der Leseprobe nicht enthalten) zeigt die Einteilung der Fertigungsverfahren in verschiedene Haupt- und Untergruppen.
5.1 Aufbereiten
Hierunter versteht man unter anderem alle Arbeitsgänge, die vor der eigentlichen Verarbeitung ablaufen. Das Einarbeiten von Füll- und Farbstoffen, Verstärkungsfasern und anderen Additiven sowie die Herstellung von Blends erfolgt in der Polymerschmelze in speziellen Mischextrudern. Es hat sich als günstig erwiesen, bei entsprechendem Bedarf fertig compoundierte Produkte direkt vom Polymerhersteller zu beziehen, um niedrigmöglichste Temperaturbelastung für das Polymer und höchste Homogenität zu erzielen. Außerdem werden auf diese Weise Inkompatibilitäten durch unverträgliche Additive ausgeschlossen.
Dagegen liegt die korrekte Trocknung von Thermoplasten im Verantwortungsbereich des Kunststoff verarbeitenden Betriebs. Thermoplaste nehmen bei Lagerung mehr oder weniger Feuchtigkeit auf. Wird diese nicht vollständig entfernt, treten Oberflächenfehler oder Dampfblasen im Material auf. Bei hydrolyseempfindlichen Produkten kann ein zu hoher Feuchtegehalt bei den üblichen hohen Verarbeitungstemperaturen bereits eine Schädigung durch Polymerabbau hervorrufen. Daher sollten die vom Polymerhersteller vorgegebenen Trocknungsbedingungen möglichst exakt eingehalten werden, um sowohl möglichst niedrigen Feuchtegehalt zu erzielen als auch thermische überbelastung des Produktes im Trockner zu vermeiden.
5.2 Urformen
5.2.1 Spritzgießen
Das Spritzgießen ist das bei weitem wichtigste Verarbeitungsverfahren für Thermoplaste, da sich Formteile in großen Mengen wirtschaftlich herstellen lassen. Im Gegensatz zur kontinuierlichen Extrusion handelt es sich bei Spritzgießen um ein diskontinuierliches Verfahren, das in Zyklen abläuft. Ein Zyklus besteht aus Füllen, Plastifizieren und Einspritzen. Aufgrund der hohen Kosten für die verwendeten Werkzeuge ist das Spritzgießen allerdings bei geringen Stückzahlen unwirtschaftlich.