Nachhaltigkeitscontrolling - So werden Unternehmen nachhaltig gesteuert

Nachhaltigkeitscontrolling - So werden Unternehmen nachhaltig gesteuert

 

 

 

von: Ulrich Sailer

utb, 2022

ISBN: 9783846358900

Sprache: Deutsch

349 Seiten, Download: 12565 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Nachhaltigkeitscontrolling - So werden Unternehmen nachhaltig gesteuert



2Anforderungen an die Unternehmen


Lernziele

Die Leser

wissen, wie Nachhaltigkeit in den Unternehmenszielen verankert wird.

kennen den Einfluss der Shareholder und der Stakeholder auf die Nachhaltigkeit von Unternehmen.

überblicken die aktuellen regulatorischen Anforderungen, die eine deutliche Steigerung des Nachhaltigkeitsengagements erfordern.

sind sich der praktischen Bedeutung der Nachhaltigkeitsstandards bewusst und kennen deren wichtigsten Inhalte.

In diesem Kapitel wird der Blick auf die Anforderungen an die Unternehmen gerichtet, nachhaltig zu sein. Diese können von außen an die Unternehmen herangetragen werden, wie etwa von Kunden oder Investoren, oder aber das Management setzt sich diese Ziele aus eigener Überzeugung. Praktisch gibt es ein Gemisch verschiedener Anforderungen, die sich gegenseitig unterstützen oder auch hemmen können. Der Manager, der von nachhaltigem Handeln überzeugt ist, wird durch regulatorische Anforderungen in seinen Bemühungen bestärkt. Ist ein Investor hingegen an kurzfristigen Finanzzielen interessiert, wird das Management in der Umsetzung der Nachhaltigkeit behindert. Die Unternehmensziele integrieren schließlich sämtliche an das Unternehmen gerichtete Anforderungen. Wobei das Management nicht nur Befehlsempfänger ist, sondern die Anforderungen selbst auch prägen und beeinflussen kann. Informiert das Management einen Gesellschafter, wie sich eine nachhaltige Maßnahme auf den kurz- und langfristigen Unternehmenserfolg auswirkt, beeinflusst es auch dessen Entscheidungen. Stakeholder werden nicht nur befragt, was sie wünschen, sondern ein aktives Stakeholdermanagement nimmt auch Einfluss auf diese. Deshalb spricht man auch von einem Stakeholderdialog, weil es um den gegenseitigen Austausch geht, und nicht um eine Stakeholderbefragung. Einerseits sind Unternehmen ein Instrument in der Hand der Stakeholder, die damit ihre Ziele realisieren wollen, andererseits verfolgen die Mitglieder des Unternehmens mit dem Unternehmen ihre eigenen Ziele. Wie sich in Unternehmen Machtstrukturen entwickeln und welche Ziele sich durchsetzen, ist häufig eine komplexe Angelegenheit. Es gibt verschiedene Akteure und deren Machtposition kann sich im Zeitverlauf verändern.

2.1Unternehmensziele


Anforderungen an Ziele

Die Aussage „Wir wollen ein nachhaltiges Unternehmen sein“ ist sicherlich kein geeignetes Unternehmensziel. Hierfür gibt es konkrete Anforderungen. So sollte der Zielinhalt genau beschrieben sein. Er muss spezifisch sein und sich beispielsweise auf den CO2-Ausstoß, die Menschenrechtsverstöße in der Lieferkette oder die Fluktuationsrate beziehen. Als weiteres ist auch das Zielausmaß festzulegen. Welche Ausprägung des Ziels soll erreicht werden: auf wie viel Tonnen soll der CO2-Ausstoß reduziert werden, es sollen keine Menschenrechtsverstöße in der Lieferkette vorfallen und die Fluktuationsrate soll auf 3% gesenkt werden. Drittens ist die zeitliche Dimension zu klären. Ein Ziel ist nur dann präzise genug, wenn bestimmt ist, bis zu welchem Termin es erreicht sein soll. Schließlich ist noch der Zielträger zu bestimmen. Bezieht sich der CO2-Ausstoß auf das gesamte Unternehmen, auf einzelne Betriebsstätten oder beinhaltet es gar die gesamte Wertschöpfungskette. Umfasst die Verhinderung von Menschenrechtsverstößen die gesamte Lieferkette oder werden nur die direkten Lieferanten betrachtet. Und auch bei der Fluktuationsrate muss genau definiert werden, wie diese berechnet wird und was nicht in die Kennzahl einfließen soll.

Beispiel Mercedes-Benz

Bei folgendem Nachhaltigkeitsziel der Mercedes-Benz AG werden Zielinhalt, Zielausmaß, die Zeit und der Zielträger berücksichtigt:

Senkung des Wasserverbrauchs je PKW in der Produktion gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2013/14 bis 2030 um 33%.

Beim nächsten Nachhaltigkeitsziel sind die Anforderungen hingegen nur unzureichend beschrieben:

„Bis 2025 wollen wir 70% aller von uns eingesetzten Produktionsmaterial-Rohstoffe mit hohem Risiko für Menschenrechtsverletzungen einer Überprüfung unterziehen und notwendige Verbesserungsmaßnahmen definieren.“

(Mercedes-Benz AG, Nachhaltigkeitsbericht 2020, in: https://nachhaltigkeitsbericht.daimler.com/2020/reporting/ressourcenschonung/strategie-und-ziele.html, Abruf: 04.07.2022)

Unklar ist hier, was mit hohem Risiko für Menschenrechtsverletzungen konkret gemeint ist. Hierfür wäre eine genaue Definition notwendig. Ebenso ist die Aussage „einer Überprüfung unterziehen“ und „notwendige Verbesserungsmaßnahmen definieren“ zu unpräzise, damit sie sich als Ziel eignen.

Wer entscheidet über die Unternehmensziele?

Der Triple-Bottom-Line-Ansatz legt nahe, dass Unternehmen ökonomische, ökologische und soziale Ziele gleichermaßen verfolgen. Demnach ist zwischen diesen Zielen, vor allem wenn Zielkonflikte auftreten, eine Balance herzustellen. In Weber et al. (vgl. Weber, Georg, Janke, Mack 2012, S. 17) werden hingegen Befragungen genannt, aus denen resultiert, dass in den Unternehmen vor allem der ökonomische Triple-Bottom-Line-Ansatz als relevant angesehen wird. Damit stehen die ökonomischen Ziele über den sozialen und ökologischen Zielen. Soziale und ökologische Maßnahmen werden also nur getätigt, wenn sie sich ökonomisch lohnen. Bereits in Abschnitt 1.2 haben wir festgestellt, dass diese Priorisierung den Begriff des nachhaltigen Managements ad absurdum führt.

Wenn soziale und ökologische Anforderungen nur erfüllt werden, wenn diese das ökonomische Ziel steigern, handelt das Unternehmen nicht nachhaltig, sondern wirtschaftlich. Hierfür wird der Begriff der Nachhaltigkeit nicht benötigt.

In einer nachhaltigen Unternehmensführung ist daher anzustreben, alle drei Zieldimensionen zu erreichen. Starke Nachhaltigkeit setzt voraus, dass ökologische und soziale Ziele verfolgt werden, auch wenn sie im Widerspruch zu den ökonomischen Zielen stehen. Wie zuvor bereits aufgeführt, liegt die Entscheidungshoheit über die Ziele formal bei den Eigentümern. Es ist aber keinesfalls so, dass das Management die Ziele eins zu eins umsetzt. Faktisch hat das Management gegenüber den Eigentümern aufgrund seines Informationsvorsprungs und seiner Handlungsspielräume Macht (Principal-Agent-Theorie). Aus dem gleichen Grund haben die Mitarbeiter auch Macht gegenüber dem Management. Sowohl Mitarbeiter als auch Manager haben in einem gewissen Umfang Handlungsspielräume, um Entscheidungen an den eigenen Vorstellungen auszurichten. Insbesondere das Top-Management spielt eine bedeutsame Rolle bei der nachhaltigen Transformation (vgl. Bernatzky, Endenich, Wömpener 2018, S. 213f.).

Optimale Nachhaltigkeit

Welche Intensität an Nachhaltigkeit sollte ein Unternehmen anstreben? Wann kann man von einer optimalen Nachhaltigkeit sprechen? Ein Maßstab hierfür könnte die Wertschöpfung sein. Unternehmerische Aktivitäten verursachen aber nicht nur positive Wirkungen, sondern auch negative. Dies ist die Schadschöpfung. Es werden negative externe Effekte verursacht. Diese können direkte wirken (z.B. Emissionen bei der Produktion, schlechte Arbeitsbedingungen beim Lieferanten) oder sie können indirekt auftreten (z.B. Produkte führen längerfristig zu Gesundheitsschäden, Produkte sind nicht recyclingfähig). Negative Wirkungen werden auch durch nicht nachhaltige Geschäftsmodelle verursacht (z.B. nicht nachhaltige Konsumgewohnheiten wie Verpackungen bei To-Go-Produkten oder Aluminiumkapseln für Kaffeeautomaten). Bei der Suche nach einer optimalen Nachhaltigkeit sind die Wertschöpfung und die Schadschöpfung zu beachten.

Oftmals werden bei der Abwägung nachhaltiger Maßnahmen konfliktäre Beziehungen zwischen der Wert- und Schadschöpfung befürchtet (linkes Diagramm in Abb. 2.1). Wird etwa die Wertschöpfung dadurch erhöht, dass mehr Produkte verkauft werden, wird auch die bei der Produktion verursachte Schadschöpfung größer sein. Aufgrund des Reboundeffekts können sogar umweltfreundlichere Produkte die Schadschöpfung steigern, wenn der Mehrabsatz die Einsparungen an Schäden je Produkt überwiegt.

Abb. 2.1: Wertschöpfung vs. Schadschöpfung (eigene Darstellung in Anlehnung an Beckmann, Schaltegger 2014, S. 329)

Wie kann hier ein Optimum von Schad- und Wertschöpfung bestimmt werden? Da die Schadschöpfung zum Teil nicht ohne weiteres quantifiziert oder in Geldeinheiten ausgedrückt werden kann, fällt eine reine Aufrechnung schwer. Bei komplett monetarisierten Wirkungen fiele die Entscheidung leicht: die Produktion...

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