HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, H.243 : Supply Chain Management

HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, H.243 : Supply Chain Management

 

 

 

von: Knut Hildebrand

dpunkt, 2005

ISBN: 9783898643443

Sprache: Deutsch

129 Seiten, Download: 5063 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop
Typ: B (paralleler Zugriff)

 

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HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, H.243 : Supply Chain Management



4 Instrumente zur Verbesserung der Termintreue (S. 32-33)

4.1 Lieferterminbestimmung und Verfügbarkeitsprüfung

Automatische Aussagen über Liefertermine sind in konventionellen, der MRPII-Planungskonzeption folgenden ERP-Systemen nur für Produkte möglich, die lagerhaltig geführt werden (Make-to-Stock). Die Angaben über Liefertermine basieren auf einer Verfügbarkeitsprüfung (ATP – Available-to-Promise) im Vertriebsmodul. Die Verfügbarkeitsprüfung nach ATPLogik lässt eine dynamische Bestandsprüfung zu, die zukünftige Lagerabgänge und -zugänge berücksichtigt.

Der Anwender legt durch die Prüfregel und die Reservierungspolitik die Berechnung der ATP-Menge und damit die Lieferterminbestimmung fest. Über die Prüfregel [Bartsch & Bickenbach 2002, S. 205 ff.] bestimmt der Anwender, welche Bestände bei der Verfügbarkeitsprüfung berücksichtigt werden sollen. Grundsätzlich ist es möglich festzulegen, dass auch der Sicherheitsbestand, der Qualitätsprüfbestand und der Sperrbestand bei der Verfügbarkeitsprüfung als frei verfügbar angesehen werden sollen. In der Regel wird man nur den aus großen Fertigungsoder Bestellaufträgen resultierenden Ausgleichsbestand als reservierbar definieren. Hinsichtlich der Lagerzugangselemente legt der Anwender fest,

-ob feste Bestellungen oder auch Bestellanforderungen (die im Rahmen der rollierenden Planung nochmals geändert werden können) zu ihrem geplanten Anlieferungstermin berücksichtigt werden sollen,

- ob freigegebene Fertigungsaufträge oder auch Planaufträge (die ebenfalls einer rollierenden Planung unterliegen) zu ihrem spätesten Endtermin einbezogen werden sollen.

Hinsichtlich der Lagerabgangselemente besteht die Möglichkeit, für Angebote eine Reservierung vorzunehmen.

Wenn die Berechnung der ATP-Menge auch Bestellanforderungen und Planaufträge einbezieht, besteht ein Unsicherheitsfaktor, ob ein geplanter Lagerzugang zur vereinbarten Zeit erfolgt. Nur wenn die Vorgaben der Grobplanung verlässlich sind, die daraus resultierenden Bestellungen pünktlich eintreffen und die Fertigung termingerecht produzieren kann, ist auf die Lieferterminbestimmung durch Availableto- Promise Verlass.

Neben der Prüfregel hat die Reservierungspolitik einen großen Einfluss auf die Termintreue. In der systemgestützten Bestandsführung wird eine Reservierung als zukünftiger Lagerabgang behandelt. Kommen neue Kundenaufträge hinzu mit einem Wunschliefertermin vor den Reservierungen des letzten Planungslaufs, stellt sich die Frage, ob die alten Reservierungen bestehen bleiben sollen oder ob in jedem Planungslauf alle Reservierungen nach ihrem Bedarfstermin neu sortiert werden sollen. Dies entscheidet die Einstellung »alte Reservierungen überschreiben« bzw. »nicht überschreiben«. Wird überschrieben, besteht die Gefahr, dass eine Reservierung von einem kurzfristigen Kundenauftrag verdrängt wird, obwohl der Kunde seinen Bedarf frühzeitig angemeldet hat. Um dies zu vermeiden, kann die Einstellung gewählt werden »alte Reservierungen nicht überschreiben«. Damit besteht aber die Gefahr, dass Planaufträge und Bestellaufträge mit einem Terminengpass ausgelöst werden, obwohl Bestand physisch vorhanden ist, die neue Reservierung zu bedienen [Melzer- Ridinger 2003, Frage 66].

4.2 Bewältigung von Störungen

Akutes Störungsmanagement

Im Gegensatz zu Änderungen, die von der rollierenden Planung verarbeitet werden, treten Störungen nach der Freigabe von Fertigungs- und Bestellaufträgen auf. Störungen sind Ereignisse auf dem Beschaffungsmarkt, in der eigenen Prozesskette und auf dem Absatzmarkt, die die Einhaltung des vereinbarten Liefertermins gefährden. Aufgabe des Störungsmanagements ist, eine Störung möglichst frühzeitig zu bemerken und die ausgelöste Störungs-Wirkungskette zu bewerten (zur Problemidentifikation mit SCEM vgl. [Wieser & Lauterbach 2001]). Nicht jede Planabweichung gefährdet die Termintreue: So kann eine Verzögerung einer Materiallieferung in den weiteren Prozessschritten aufgefangen werden, wenn die Plan-Durchlaufzeit entsprechende Puffer vorsieht und der geplante Fertigungsauftrag verschoben werden kann. Wenn Materialbestände verfügbar sind, hat die Verzögerung unter Umständen keine Verzögerung der internen Prozesse zur Folge. Eine genaue Analyse der von einer Störung betroffenen Fertigungs- und Kundenaufträge ist daher von zentraler Bedeutung für ein wirksames Störungsmanagement [Melzer-Ridinger 2001, S. 34 f.].

Nach der Identifikation und Bewertung der Störung sind geeignete Maßnahmen zu suchen und zu vergleichen, um die Störung möglichst schnell und zu minimalen Kosten zu bewältigen. Zunächst ist zu prüfen, ob der Sicherheitsbestand den Kunden- bzw. Materialbedarf bis zum voraussichtlichen Lieferzeitpunkt decken kann. Eventuell kann auf reservierte Bestände zugegriffen werden, ohne den zugehörigen Fertigungsauftrag bzw. Kundenauftrag zu gefährden. Bei Versorgungsstörungen und kurzfristig erkannten Kapazitätsengpässen besteht außerdem die Möglichkeit, die betroffenen Fertigungsaufträge neu zu planen, also verspätet zu starten, ohne den Endtermin zu verändern, oder aber mit reduzierter Produktionsmenge oder verschobenem Endtermin freizugeben. Die Neuplanung von Fertigungsaufträgen muss Probleme für andere Aufträge erkennen und berücksichtigen. So besteht bei Losteilungen die Gefahr, dass ein Kapazitätsengpass ausgelöst wird, der wiederum die Termineinhaltung anderer Aufträge gefährdet. Es sollte zunächst geprüft werden, ob eine Änderung von Lagerergänzungsaufträgen ausreichend ist.

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