Cloud-Infrastrukturen - Das Handbuch für DevOps-Teams und Administratoren

Cloud-Infrastrukturen - Das Handbuch für DevOps-Teams und Administratoren

 

 

 

von: Daniel Stender

Rheinwerk Computing, 2020

ISBN: 9783836269506

Sprache: Deutsch

576 Seiten, Download: 6141 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Typ: B (paralleler Zugriff)

 

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Cloud-Infrastrukturen - Das Handbuch für DevOps-Teams und Administratoren



1    Cloud Computing


»There is no cloud, it’s just someone else’s computer.«
– Sprichwort in der Cloud-Computing-Szene

Ich kann mich noch daran erinnern, wie beeindruckt ich war, als ich vor einigen Jahren in Hamburg das erste Mal mit einem Wagen von einem großen Carsharing-Anbieter unterwegs war. Diese Spielart von öffentlichen Verkehrsmitteln war damals noch ganz neu. Mich faszinierte vor allem, wie zu dieser Zeit bereits vorhandene Techniken eingesetzt und kombiniert wurden, um Mietwagen auf diese damals neue Art und Weise anbieten zu können.

Eine spezielle App auf dem Smartphone erkennt über GPS die eigene Position und öffnet eine Karte, auf der alle im Stadtgebiet und vor allem im näheren Umkreis parkenden und freien Fahrzeuge des Anbieters verzeichnet sind. Der Kunde kann mit der App direkt Informationen über einzelne Wagen, zum Beispiel den Füllstand des Tanks, abrufen. Er sucht sich dann einen passenden Wagen aus, und der wird dann für einen gewissen Zeitraum für diesen Kunden reserviert. Die Wagen stehen mit der Zentrale über Mobilfunk-Netzwerke in ständiger Verbindung (in den Großstädten besteht dafür eine hinreichende Netzabdeckung) und erhalten über diesen Weg die Information, dass sie reserviert sind. Das Auto ist dann für die Benutzerkarten anderer Carsharing-Kunden gesperrt, sodass niemand dem Kunden den Wagen wegschnappen kann, während er gerade auf dem Weg zu ihm ist. Der Kunde schaltet den Wagen dann mit seiner Karte frei, setzt sich hinein und fährt los. Am Ziel stellt er den Wagen ab und loggt sich wieder aus. Nur ein paar Sekunden später erscheinen die genauen Daten der Fahrt und der für die zurückgelegte Entfernung berechnete Preis im eigenen Kundenkonto auf der Homepage des Anbieters im Internet.

Im Winter sprang einmal ein Wagen nicht an, und ich konnte mich nicht ausbuchen, weil der Bordcomputer keine Verbindung zur Zentrale mehr bekam: Das Auto stand wohl ungünstig in einem Funkschatten. Für solche Fälle gibt es aber einen speziellen Serviceknopf, und wenn der gedrückt wird, baut der Wagen über Satellitenfunk eine Serviceverbindung zu der Zentrale auf. Die freundliche Support-Mitarbeiterin am anderen Ende buchte dann den Wagen für mich aus. Sie meinte, er werde jetzt von ihr stillgelegt und ein Techniker komme zur aktuellen GPS-Position, um den Wagen auf seinen Transporter zu laden und in eine Servicewerkstatt zu bringen. Der nächste freie Wagen, mit dem es keine Schwierigkeiten gab, stand nur ein paar Meter weiter.

»Eigentlich braucht man heutzutage gar kein ein eigenes Auto mehr«, dachte ich bei mir. Und wie einfach es sein kann, wenn auf eine solch einfallsreiche Weise Techniken wie normale Autos, Software, das Internet, Smartphones, das Global Positioning System GPS, Handy- und Satelliten-Funk miteinander in einem Mietmodell zu einem innovativen und zukunftsweisenden Produkt kombiniert werden. Der Kunde ist damit von allen Lasten befreit, die der Besitz eines Kraftfahrzeugs mit sich bringt. Und er bezahlt, weil er selbst fährt, auch nur einen Bruchteil von dem, was ein Taxi kostet. Der Anbieter macht gleichzeitig durch viele kleine Summen gute Gewinne und baut das Angebot immer weiter aus, was es zunehmend attraktiver macht.

Es gibt beim Carsharing und ähnlichen Angeboten einige Parallelen zum Cloud Computing. Und dasselbe Gefühl, damit plötzlich in die Zukunft versetzt zu werden, mag sich beim ersten Kennenlernen dieser Vermietungstechnik vielleicht genauso einstellen (mittlerweile vielleicht aber auch nicht mehr).

1.1    Welcome to the Cloud


Beim Cloud Computing beziehungsweise beim Public Cloud Computing (wie sich das gegen die anderen Varianten abgrenzt, werde ich weiter unten besprechen) handelt es sich zunächst einmal genauso um ein Mietangebot. Und bei dem Angebotsmodell Infrastructure-as-a-Service (das im Mittelpunkt dieses Buches steht) werden statt Kraftfahrzeugen reine Computing-Ressourcen wie CPU-Leistung, Arbeitsspeicher, Massenspeicher und Netzwerke für die allgemeine Benutzung zur Verfügung gestellt.

Als Grundlage dafür dient einmal natürlich das Internet. Denn anstatt Serverracks auf den Hof ausgeladen zu bekommen, werden beim Public Cloud Computing die angemieteten Ressourcen im weltweiten Breitband-Netzwerk über Standardprotokolle zur Verfügung gestellt. Damit können Sie mit beliebigen Geräten auf diese Ressourcen zugreifen, und es spielt – abgesehen von eventuellen Latenzzeiten und mit Standorten verbundenen rechtlichen Fragen – grundsätzlich keine Rolle, wo genau sich die genutzten Rechner befinden.

1.1.1    Virtualisierung


Eine weitere zentrale Technik, die Cloud Computing überhaupt erst möglich macht und dafür sorgt, dass Computing-Ressourcen in einer solchen Art und Weise über das Internet angeboten werden können, ist die Virtualisierung von Servern. Dafür setzen die Anbieter spezielle Softwarelösungen ein (Hypervisoren), welche die Hardware von physischen Servern abstrahiert zur Verfügung stellen können. Die Hypervisoren laufen entweder direkt auf Rechner-Hardware (eine Formulierung dafür ist »auf dem Blech«) als Betriebssystem-Ersatz oder werden auf dem Betriebssystem installiert, das auf einer Maschine läuft.

Das macht es dann möglich, ein System in mehrere kleine, beliebig zugeschnittene Stücke zu unterteilen. Diese sind dann als einzelne virtualisierte Server benutzbar, die sich den Betriebssystemen gegenüber, die wiederum auf ihnen installiert werden, wie eigenständige Rechner verhalten. Ohne dass der darunter liegende Server neu gebootet werden muss, können virtuelle Maschinen (VMs) beliebig oft hoch- und heruntergefahren werden. Es handelt sich um eigenständige, unabhängige Einheiten, die grundsätzlich nichts miteinander zu tun haben.

Dabei wird gemeinhin mit Images (im Sinne von »Maschinenabbilder«) gearbeitet, die unterschiedliche anbieterspezifische Dateiformate haben. Die Images dienen als Pseudo-Festplatten, von denen die VMs gestartet werden. Auch wird der Zustand von heruntergefahrenen VMs mithilfe der Images auf dem Wirt-Betriebssystem aufbewahrt.

1.1.2    Hypervisoren


Hypervisoren bilden die abstrahierende Schicht zwischen Gast- und Wirtsystem. Sie stellen dem Gast eine virtuelle Umgebung zur Verfügung und verwalten die Erzeugung von virtuellen Maschinen. Es gibt eine ganze Reihe von Hypervisoren von verschiedenen Herstellern. Im Cloud Computing werden aber immer wieder dieselben bewährten und frei lizenzierten Open-Source-Lösungen von Infrastruktur-Anbietern eingesetzt.

Freie Software

Die Begriffe Open Source und freie Software gelten gemeinhin als Synonyme. Open Source ist dabei der gängigere Ausdruck und wird ganz bewusst für die Vermarktung von nichtproprietären Softwareprodukten eingesetzt. Allerdings gibt es quelloffene Software, die nicht frei lizenziert ist. Darüber hinaus wird unter »freier Software« meist Software verstanden, die umsonst und frei von Lizenzkosten ist. Der Freiheitsbegriff bei Softwarelizenzen ist allerdings weiter gefasst. Er meint vor allem vom Hersteller beziehungsweise vom Entwickler eingeräumte Freiheiten im Umgang mit dem Quellcode. Das betrifft spezielle urheberrechtliche Fragen wie etwa, ob Sie den Code verändern und danach unter demselben Namen weiterverteilen dürfen.

Frei lizenzierte Softwareprodukte sind allerdings in der Regel auch frei von Lizenzgebühren. Die Open-Source-Hersteller verdienen ihr Geld meist durch Support-Verträge oder durch kommerzielle Varianten mit einem erweiterten Funktionsumfang. Allerdings gilt als Minimalstandard für freie Software, dass sie ohne Einschränkungen vertrieben werden darf. Es bedeutet aber nicht in jedem Fall, dass Sie diese Software ohne jegliche Einschränkungen kommerziell verwenden dürfen. Informieren Sie sich also genau über die jeweiligen Lizenzbedingungen, wenn Sie frei lizenzierte Softwareprodukte professionell einsetzen wollen. Nur weil eine Software nichts kostet, können Sie damit nicht automatisch machen, was Sie wollen.

Zu den weitverbreiteten Lösungen zählt zum einen die Kernel-Based Virtual Machine (KVM), die 2007 von dem israelischen Unternehmen Qumranet vorgestellt wurde, das im Jahr darauf von Red Hat aufgekauft wurde. Dieser Hypervisor ist seit Version 2.6.20 als Modul fester Bestandteil des Linux-Kernels und bildet den Quasi-Standard der Maschinenvirtualisierung unter Linux. KVM wird oftmals zusammen mit dem Paravirtualisierungstreiber Virtio in der VM eingesetzt. Dieser ermöglicht unmittelbare I/O-Zugriffe auf die unvirtualisierte Hardware des darunter liegenden Wirts, was einen stattlichen Zugewinn an Performance bietet.

Abbildung 1.1    Per Virtio-Treiber eingebundene Netzwerkkarte bei DigitalOcean

Ein weiterer von Cloud-Anbietern auf breiter Front eingesetzter Hypervisor für Linux-Systeme ist Xen, der im Jahr 2007 vom US-amerikanischen Softwareunternehmen Citrix aufgekauft wurde. Xen läuft sozusagen neben dem Betriebssystem, von dem es gestartet worden ist, unmittelbar auf dem Wirt. Diese Lösung bietet damit eigene Paravirtualisierungskapazitäten und ist der Standard-Hypervisor zum Beispiel bei den Instanzen von Amazons EC2. (Dieser IaaS-Dienst wird in Abschnitt 3.1 noch ausführlich thematisiert.)

Beide Hypervisoren...

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