Städte für Menschen & Leben zwischen Häusern - Beide E-Books im Bundle

Städte für Menschen & Leben zwischen Häusern - Beide E-Books im Bundle

 

 

 

von: Jan Gehl

Jovis Verlag, 2016

ISBN: 9783868598988

Sprache: Deutsch

509 Seiten, Download: 106337 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Typ: B (paralleler Zugriff)

 

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Städte für Menschen & Leben zwischen Häusern - Beide E-Books im Bundle



Das menschliche Maß

DAS MENSCHLICHE MASS – ÜBERSEHEN, VERNACHLÄSSIGT, ABGESCHAFFT

Jahrzehnte lang war die menschliche Dimension ein zumeist übergangenes oder, wenn überhaupt, nur unzulänglich berücksichtigtes Thema in der Stadtplanung, während andere Fragen, wie die Bewältigung des explosionsartig zunehmenden Autoverkehrs, Priorität hatten. Der öffentliche Raum, Wege für Fußgänger und Radfahrer sowie Stadtplätze als Treffpunkte für Stadtbewohner standen in den Planungsideologien insbesondere der Moderne ganz unten auf der Tagesordnung. Marktkräfte und damit zusammenhängende Architekturtrends verlagerten letztendlich den Fokus von den Wechselwirkungen zwischen gebauter Umwelt und Menschen sowie den gemeinschaftlichen Flächen der Stadt hin zu einzelnen Bauten, die sich dabei zunehmend isoliert, nach innen gekehrt und abweisend zeigten.

Fast allen großen Städten auf der Welt ist – unabhängig von ihrer geografischen und ökonomischen Lage und ihrem Entwicklungsstadium – eines gemeinsam: Sie haben ihre Einwohner, die den Stadtraum immer noch in Massen bevölkern, zunehmend schlecht behandelt. Begrenzter Raum, Hindernisse, Lärm, Luftverschmutzung, Unfallrisiken und generell entwürdigende Lebensbedingungen sind typisch für die meisten Großstädte der Welt.

Diese Entwicklungen haben nicht nur dazu geführt, dass sich die Zahl der Fußgänger im Stadtverkehr verringert hat, sondern wirkten sich auch auf die soziale und kulturelle Funktion des Stadtraums aus. Die traditionelle Bedeutung der Stadt als Raum der Begegnung und als gesellschaftliches Forum für ihre Bürger wurde eingeschränkt, bedroht oder gar „abgeschafft“.

EINE FRAGE VON LEBEN ODER TOD – SEIT 50 JAHREN

Vor über 50 Jahren veröffentlichte die amerikanische Architekturkritikerin Jane Jacobs ihr einflussreiches Buch The Death and Life of Great American Cities (1961, deutsch: Tod und Leben großer amerikanischer Städte 1963). [1] Darin zeigte sie auf, dass der dramatisch zunehmende Autoverkehr und die städtebauliche Ideologie der Moderne mit ihrer Aufteilung der Städte nach Flächennutzungen und ihrer Bevorzugung freistehender Einzelbauten den Stadtraum und das Stadtleben „töten“ und leblose, menschenleere Orte produzieren würden. Überzeugend beschrieb sie die Qualitäten lebendiger, lebens- und liebenswerter Städte, wie sie sie von ihrer Wohnung aus im New Yorker Greenwich Village beobachten konnte.

Jane Jacobs war die erste prominente Fürsprecherin eines radikalen Wandels in der Stadtplanung. Zum ersten Mal in der Siedlungsgeschichte der Menschheit wurden zu dieser Zeit Städte nicht als Zusammenhang von Stadträumen und Gebäuden, sondern als Nebeneinander von Einzelbauten entworfen. Zusätzlich verdrängte der Autoverkehr auch den letzten Rest von Leben aus dem öffentlichen Stadtraum.

MENSCHLICHES MASS VS. PLANUNGSIDEOLOGIEN

Die Modernisten vernachlässigten das Gesamtbild der Stadt und ihrer öffentlichen Räume und konzentrierten sich auf individuelle Bauten. Ihre Ideologie wurde in den 1960er Jahren vorherrschend und ihre Prinzipien bestimmen heute noch die Planung vieler neuer Stadtgebiete. Wenn ein Team von Städteplanern aufgefordert worden wäre, das öffentliche Leben zwischen den Häusern drastisch zu reduzieren, hätten sie keine effektivere Strategie verfolgen können, als die modernistischen Planungsgrundsätze anzuwenden. Täby, Schweden

Melbourne, Australien

Nuuk, Grönland

MENSCHLICHES MASS VS. INVASION DES AUTOMOBILS

Ab den 1960er Jahren eroberte das Automobil überall auf der Welt in Massen die Städte. Die „autogerecht“ geplante Stadt machte es den Bewohnern unmöglich, die öffentlichen Räume frei und in Sicherheit zu nutzen und so die Stadt zu beleben. Die Ein- und Übergriffe des Automobils waren so zahlreich und so gravierend, dass es fast unmöglich zu ermitteln ist, wie sehr die Invasion des Automobils die urbane Lebensqualität geschädigt hat. Straßenszene in Italien

Straßenszene in Irland

Straßenszene in Bangladesh

FORTSCHRITT ALLEN WIDRIGKEITEN ZUM TROTZ

In den fünf Jahrzehnten seit 1961 haben zahlreiche Forscher und Städtebaukritiker zu den Gutachten, Argumenten und Debatten zum Thema Tod oder Leben in Großstädten beigetragen und es wurden neue Erkenntnisse gewonnen. Auch im praktischen Städtebau sind sowohl im Hinblick auf Planungsprinzipien als auch Verkehrsplanungskonzepte wichtige Fortschritte erzielt worden. Vor allem in den letzten Jahrzehnten haben Stadtplaner in zahlreichen Großstädten rund um die Welt hart daran gearbeitet, bessere Bedingungen für Fußgänger und das Stadtleben insgesamt zu schaffen, indem sie dem motorisierten Verkehr eine geringere Priorität einräumten.

Ebenso konnten in jüngerer Zeit eine Reihe interessanter Abweichungen von modernistischen Planungsidealen beobachtet werden, insbesondere bei Planungen neuer Städte oder Stadtviertel. Glücklicherweise rücken statt Ansammlungen freistehender Gebäude wieder dynamische, gemischt genutzte Stadtgebiete ins Zentrum des Interesses.

Auch die Verkehrsplanung der letzten fünf Jahrzehnte hat eine ähnliche Entwicklung genommen. Verkehrsbauten und -anlagen sind inzwischen differenzierter geworden: Straßen sind zunehmend verkehrsberuhigt und es wurden weitere Verkehrssicherheitsvorkehrungen getroffen. Der motorisierte Verkehr hat jedoch explosionsartig zugenommen, und während in einigen Städten der Welt die Probleme angepackt werden, vermehren sie sich andernorts umso schneller.

WEIT GRÖSSERE ANSTRENGUNGEN NÖTIG

Trotz des negativen Trends zum stärkeren Autoverkehr hat es als Reaktion auf die Vernachlässigung der Qualität des Stadtlebens in den 1960er Jahren auch positive Entwicklungen gegeben.

Es ist nicht verwunderlich, dass man Fortschritte und Verbesserungen vor allem in den wirtschaftlich stärksten Weltgegenden beobachten kann. Vielfach haben aber auch „wohlhabende Enklaven“ bei ihren Planungen für neue Stadtgebiete die modernistische Städtebauideologie verfolgt und in deren Zentren nach innen gekehrte, frei stehende Gebäude errichtet. Weder früher noch heute stand und steht das menschliche Maß in diesen „schönen neuen“ Städten auf der Tagesordnung.

In den sogenannten Entwicklungsländern stellt die Vernachlässigung der menschlichen Dimension ein komplexeres und weitaus ernsteres Problem dar. Der Großteil der Bevölkerung nutzt dort die Straßen und öffentlichen Flächen gezwungenermaßen für viele ihrer täglichen Aktivitäten. Traditionell hat dies im Stadtraum ziemlich gut funktioniert; wenn aber der Autoverkehr zu schnell zunimmt, intensiviert sich der Kampf um einen Platz im öffentlichen Raum. Die Situation für das Stadtleben und den Fußgängerverkehr ist daher in den betroffenen Ländern von Jahr zu Jahr immer prekärer geworden.

DAS MENSCHLICHE MASS – EIN ERNEUT NOTWENDIGES PLANUNGSKRITERIUM

Zum ersten Mal in der Geschichte lebten kurz nach der Jahrtausendwende weltweit mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Städte sind rasch gewachsen und werden in Zukunft noch schneller wachsen. Alte wie neue Städte müssen daher die Annahmen, auf deren Basis Projekte geplant und Prioritäten gesetzt werden, neu definieren und dabei die Bedürfnisse der Menschen stärker in den Fokus rücken. Dieser Fokus ist auch das Hauptthema des vorliegenden Buches. Städtische Auftraggeber sollten Stadtplaner und Architekten dazu auffordern, Verkehrswege und Flächen für Fußgänger in einer integrierten Stadtplanungspolitik zu berücksichtigen, um lebendige, sichere, nachhaltige und gesunde Städte zu schaffen. Ebenso dringend nötig ist es, die soziale Funktion des öffentlichen Raums zu fördern – als Treffpunkt, der zum zwischenmenschlichen Zusammenhalt und zu einer offenen, demokratischen Gesellschaft beiträgt.

GESUCHT: LEBENDIGE, SICHERE, NACHHALTIGE UND GESUNDE STÄDTE

Heute – zu Beginn des 21. Jahrhunderts – können wir in Umrissen bereits einige neue globale Herausforderungen erkennen, die uns deutlich machen, wie wichtig es ist, sich weit eingehender als bisher mit dem Menschen als Maß der Dinge – das heißt der Städte – zu befassen. Die Vision der lebendigen, sicheren, nachhaltigen und gesunden Stadt ist zum allgemein...

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