Kunststofftechnik leicht gemacht - Werkstoffe - Verarbeitung - Werkzeuggestaltung - Kostenkalkulation - Nachbearbeitung - Fügeverfahren - Materialauswahl - Konstruktionsregeln - Prozessoptimierung - Fehlerbehebung

Kunststofftechnik leicht gemacht - Werkstoffe - Verarbeitung - Werkzeuggestaltung - Kostenkalkulation - Nachbearbeitung - Fügeverfahren - Materialauswahl - Konstruktionsregeln - Prozessoptimierung - Fehlerbehebung

 

 

 

von: Ulf Bruder

Carl Hanser Fachbuchverlag, 2016

ISBN: 9783446449817

Sprache: Deutsch

378 Seiten, Download: 38723 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Kunststofftechnik leicht gemacht - Werkstoffe - Verarbeitung - Werkzeuggestaltung - Kostenkalkulation - Nachbearbeitung - Fügeverfahren - Materialauswahl - Konstruktionsregeln - Prozessoptimierung - Fehlerbehebung



1 Polymere und Kunststoffe

Manchmal stellt sich die Frage: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen dem Begriff Polymer und dem Begriff Kunststoff? Das Wort „Polymer“ kommt aus dem Griechischen ‒ „Poly“ bedeutet viele, und „Meros“ bedeutet Teil. Der Begriff Polymer benennt also die Gruppe aller Stoffe, die aus vielen sich wiederholenden Grundbausteinen (Monomere) bestehen, Polymere sind organische Makromoleküle. Die Reaktion die ein Polymer bildet wird Polymerisation genannt.

Polymere die mit einem zusätzlichen Stoff (Additive) zu einem Werkstoff verarbeitet wurden bezeichnet man dann als Kunststoffe. Diese Zusatzstoffe geben dem Kunststoff die gewünschten Eigenschaften: z. B. Farbigkeit, Verarbeitbarkeit, Dichte.

Kunststoffe werden in drei Gruppen eingeteilt: die Thermoplaste, die Duroplaste und die Elastomere.

(Nach: Saechtling Kunststoff Taschenbuch, 31. Auflage, Carl Hanser Verlag, 2013)

Bild 1.1 Polymere sind große Makromoleküle, in denen sich Monomermoleküle zu langen Ketten verbinden. In einer einzelnen Polymerkette können sich mehrere Tausend Monomermoleküle befinden.

Bild 1.2 Bernstein ist ein natürliches Polymer. Das Insekt in diesem Stein wurde vor mehr als 50 Millionen Jahren im Harz eines Nadelbaums eingefangen ‒ dies sollte bedacht werden, wenn die Zersetzung bestimmter Polymere in der Natur betrachtet wird.

Die meisten Polymere werden synthetisch hergestellt, aber es gibt auch natürliche Polymere wie Naturkautschuk und Bernstein, die von der Menschheit seit Tausenden von Jahren verwendet werden.

Auch Proteine, Nukleinsäuren und DNA gehören zu den natürlichen Polymeren. Cellulose, die Hauptkomponente in Holz und Papier, ist ebenfalls ein natürliches Polymer.

Mit anderen Worten, Kunststoff ist ein synthetisch hergestelltes Material aus Monomer-Molekülen, die sich zu langen Ketten verbinden. Wenn die Polymerkette nur aus einem Monomer zusammengesetzt ist, wird das Polymer als Homopolymer bezeichnet. Wenn es mehrere Arten von Monomeren in der Kette gibt, wird das Polymer Copolymer genannt.

Ein Beispiel für einen Kunststoff, der sowohl als Homopolymer als auch als Copolymer auftritt, ist Polyoxymethylen (POM). POM besteht hauptsächlich aus dem Monomer Formaldehyd. Die Bausteine (Atome) von Formaldehyd sind Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff.

Die meisten Kunststoffmaterialien bestehen aus organischen Monomeren, aber in einigen Fällen können sie auch aus anorganischen Säuren bestehen. Ein Beispiel für ein anorganisches Polymer ist Silikonharz. Es besteht aus Polysiloxanen, wobei die Kette aus Silizium- und Sauerstoffatomen besteht.

Kohlenstoff und Wasserstoff sind die anderen dominierenden Elemente bei Kunststoffen. Zusätzlich zu den bereits erwähnten Elementen Kohlenstoff (C), Wasserstoff (H), Sauerstoff (O) und Silizium (Si) bestehen Kunststoffe typischerweise aus fünf weiteren Elementen: Stickstoff (N), Fluor (F), Phosphor (P), Schwefel (S) und Chlor (Cl).

Bild 1.3 Nach diesem Schema werden in der Regel die synthetischen Polymere in Kautschuk und Kunststoff unterteilt, mit den Untergruppen Duromere und Thermoplaste. Die Thermoplaste sind wiederum in amorphe und teilkristalline Kunststoffe unterteilt.

Bild 1.4 Naturkautschuk ist ein natürliches Polymer, das der Mensch seit Tausenden von Jahren verwendet. Im Jahre 1839 erfand der Amerikaner Charles Goodyear die Vulkanisation. Bei diesem Vernetzungsprozess wird der Naturkautschuk mit Schwefel vermischt, wobei sich die Molekülketten unter Hitze und Druck vernetzen. Dieser Prozess verbessert die Eigenschaften des Kautschuks erheblich.

Mit einem reinen Polymer wird äußerst selten gearbeitet. In der Regel werden verschiedene Additive (Modifikatoren) verwendet, um die Materialeigenschaften zu beeinflussen. Zu den üblichen Additiven gehören:

  • Oberflächengleitmittel (leichteres Auswerfen)

  • Wärmestabilisatoren (verbessertes Prozessfenster)

  • Farbpigmente

  • Verstärkungsstoffe wie Glas- oder Kohlenstofffasern (höhere Steifigkeit und Festigkeit)

  • Schlagzähmodifikatoren

  • UV-Modifikatoren (z. B. zum Schutz vor UV-Licht)

  • Flammschutzmittel

  • Antistatika

  • Treibmittel (z. B. EPS, geschäumtes Polystyrol)

1.1  Duroplaste

Bei Duroplasten treten ‒ wie bei Kautschuk ‒ Bindungen zwischen den Molekülketten auf. Dies wird als „Vernetzung“ bezeichnet. Diese Querverbindungen sind so stark, dass sie bei Hitze nicht brechen ‒ daher schmilzt das Material nicht.

Bild 1.5 So genannte Zwei-Komponenten-Klebstoffe kommen häufig im Haushalt zum Einsatz. Dabei werden die beiden Komponenten miteinander gemischt, um eine chemische Vernetzungsreaktion auszulösen, bei der das Material aushärtet. Eine der Komponenten wird daher als „Härter“ bezeichnet. In diesem Fall erfolgt die Reaktion bei Atmosphärendruck und wird als Niederdruckreaktion bezeichnet.

Bild 1.6 Polyurethane können als Duroplast oder als Thermoplast auftreten. Sie können auch hart oder weich sein, wie in den hier dargestellten Schaumblöcken.

Duroplaste treten in flüssiger und in fester Form auf, in einigen Fällen können sie mit Hochdruckverfahren verarbeitet werden. Zu den gebräuchlichen Duroplasten gehören:

  • Phenolharze (Anwendung als Griffe für Kochtöpfe)

  • Melaminharze (Anwendung in Kunststoff-Laminaten)

  • Epoxidharze (Anwendung in Zweikomponenten-Klebstoffen)

  • Ungesättigte Polyesterharze (Anwendung im Bootsbau)

  • Vinylester (Anwendung in der Automobilkarosserie)

  • Polyurethan (Anwendung als Schuhsohlen und Schaum)

Viele Duroplaste verfügen über hervorragende elektrische Eigenschaften und halten hohen Einsatztemperaturen stand. Sie erreichen eine hohe Steifigkeit und Festigkeit, wenn sie mit Glasfasern, Kohlenstofffasern oder Kevlar-Fasern verstärkt sind. Die hauptsächlichen Nachteile sind langsamere Verarbeitungsverfahren und Schwierigkeiten beim Recycling.

1.2  Thermoplaste

Thermoplastische Kunststoffe haben den Vorteil, dass sie schmelzen, wenn sie erhitzt werden. Sie sind einfach zu verarbeiten. Zu den zahlreichen Verarbeitungsverfahren gehören beispielsweise:

  • Spritzgießen (das häufigste Verarbeitungsverfahren für Thermoplaste)

  • Blasformmaschinen (für die Herstellung von Flaschen und Hohlkörpern)

  • Extrusion (für Rohre, Schläuche, Profile und Kabel)

  • Folienblasen (z. B. für Kunststoffbeutel)

  • Rotationsformen (für große Hohlkörper wie Behälter, Bojen und Leitkegel)

  • Vakuumformen (für Verpackungen, Paneele und Dachboxen)

Bild 1.7 Viele Haushalte sortieren ihren Müll, so dass Flaschen, Taschen, Folien und andere Kunststoffprodukte recycelt werden können.

Bild 1.8 Ausrangierte thermoplastische Produkte können recycelt werden. Diese Schallschutzgitter von Polyplank AB sind dafür ein hervorragendes Beispiel. [Foto: Polyplank AB]

Thermoplaste können mehrfach wieder eingeschmolzen werden. Es ist daher wichtig, Kunststoffprodukte nach Gebrauch wiederzuverwerten. Standardkunststoffe können in der Regel bis zu sieben Mal recycelt werden, bevor die Eigenschaften zu schlecht werden. Im Falle von technischen Thermoplasten und Hochleistungskunststoffen wird in der Regel maximal 30 % Regenerat empfohlen, damit die mechanischen Eigenschaften der Neuware nicht wesentlich beeinflusst werden. Wenn Kunststoffrezyklate nicht für neue Produkte verwendet werden können, ist die energetische Verwertung durch Verbrennung oft eine geeignete Wahl. Es gibt allerdings noch eine andere Option, die als chemische Verwertung bezeichnet wird. Dieser Prozess hat sich aufgrund der hohen Kosten im Vergleich zu Neumaterial noch nicht durchgesetzt.

1.3  Amorphe und teilkristalline Kunststoffe

Wie in Bild 1.3 dargestellt, können Thermoplaste in Abhängigkeit von der Struktur in zwei Hauptgruppen eingeteilt werden: amorph oder teilkristallin. Glas ist ebenfalls ein weitverbreitetes amorphes Material und Metalle haben eine kristalline Struktur. Ein amorpher Kunststoff erweicht wie Glas, wenn die Temperatur erhöht wird. Daher kann er im Thermoformen umgeformt werden.

Amorphe Materialien haben keinen exakten Schmelzpunkt ‒ stattdessen wird die sogenannte Glasübergangstemperatur (Tg) verwendet, bei der die Molekülketten beginnen, sich zu bewegen. Teilkristalline Kunststoffe erweichen nicht in der gleichen Weise ‒ stattdessen gehen sie am Schmelzpunkt (Ts) vom Feststoff zur Flüssigkeit über.

Bild 1.9 Thermoplastisches Polyester (PET) kann in amorpher (Softdrink-Flaschen) oder teilkristalliner Form (Bügeleisen) eingesetzt werden.

Bild 1.10 Die amorphe Struktur ist völlig ungeordnet, während sich die Molekülketten in teilkristallinen Kunststoffen in geordneten Schichten (Lamellen) ausrichten.

In der Regel kommen teilkristalline Kunststoffe mit erhöhten Temperaturen besser zurecht als amorphe Kunststoffe. Außerdem verfügen sie über eine bessere Dauerfestigkeit und Chemikalienbeständigkeit. Sie sind auch...

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