Generation Z - Wie sie tickt, was sie verändert und warum sie uns alle ansteckt

Generation Z - Wie sie tickt, was sie verändert und warum sie uns alle ansteckt

 

 

 

von: Christian Scholz

Wiley-VCH, 2014

ISBN: 9783527692620

Sprache: Deutsch

200 Seiten, Download: 420 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Generation Z - Wie sie tickt, was sie verändert und warum sie uns alle ansteckt



B. Das Leben der Generation Z: Der ganz alltägliche Wahnsinn


Um die Eigenschaften der Generation Z herauszuarbeiten, ist es hilfreich, sich die Einflüsse und die Umweltbedingungen näher anzuschauen, mit denen die junge Generation konfrontiert ist. Denn egal, von welcher Entwicklungstheorie man ausgeht: Immer werden Menschen von äußeren Bedingungen beeinflusst und von Schlüsselereignissen geprägt. So ist es – wie bereits skizziert – ein Unterschied, ob man die Ermordung von John F. Kennedy und die Mondlandung in seinem Gedächtnis mit sich trägt oder den Einsturz der Twin-Towers in New York und das erste YouTube Video von Justin Bieber. Gerade Jugendliche, die naturgemäß noch kein verfestigtes Bild von der Welt haben können und dementsprechend auch noch keine starren Antworten liefern, nehmen dementsprechend viele Impulse auf, verarbeiten sie alleine, im Freundeskreis und auch über die sozialen Medien, um dann ihre Konsequenzen daraus zu ziehen.

Helikopter-Eltern und abgehobene Politiker

Wenn Emily in den Medien Beschreibungen ihrer Generation wie „Kuschel-Kohorte“, „Wollen die auch arbeiten?“, „Verwöhnt oder verwirrt“, „Zwischen Lust- und Leidensdruck“ und „Vorbild Pippi Langstrumpf“ liest, kann sie nur zustimmen: Emily ist ganz bewusst Vertreterin einer neuen Denkhaltung, die man mit „Generation Z“ beschreiben kann. Und Emily ist stolz darauf.

Fangen wir mit den Eltern an: Sie prägen. Vom ersten Blick des Babys an beginnt ein Ausrichten auf die Eltern. Diesen Vorgang der Prägung einschließlich der sukzessiven Abwendung gibt es bei den Tieren ebenso wie beim Menschen. Die Betreuung der Generation Z durch ihre Eltern entspricht dabei eher der Natur der Kaiserpinguine und Orang-Utans (intensive Betreuung) als der Natur von Schildkröten und Haien (wenig Betreuung).

Die behütete Generation

Anders als die Babyboomer, wird die Generation Z von ihren Eltern weitestgehend behütet. Egal ob Spielgruppe, Kindergarten, Schule, Ausbildung, Hochschule oder Berufseinstieg: Die Eltern der Generation Z kümmern sich intensiv um ihre Kinder. Dabei treten nicht nur ehrgeizige Mütter („Eislauf-Muttis“ oder im Englischen „Soccer-Moms“) auf den Plan, sondern in einem Rund-Um-Sorglos-Paket immer mehr auch die Väter.

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Als Helikopter-Eltern umschwirren Väter und Mütter ihre Generation Z, die das als gut empfindet.
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Bei den Babyboomern hatten die Eltern – sofern überhaupt beide in Erscheinung traten – weder Zeit noch Interesse daran, ihre Kinder umfassend zu beschirmen. Bei der Generation X hatten die Kinder absolut kein Interesse daran, auch nur im Entferntesten irgendwie mit ihren Eltern gesehen zu werden: Das wäre nur peinlich gewesen. Bei der Generation Y fehlte den Eltern der Bezug zur neuen digitalen Welt. Aber bei der Generation Z ist alles anders: Sie will behütet sein und sieht dieses Behütetwerden als Normalzustand an. Zudem spielen Eltern gerne diese Rolle: Sie wollen dabei entweder ihrem eigenen Leistungsstreben folgen (Generation Y) oder die Fürsorge nachholen, die sie selber nicht gespürt haben (Generation X). Eigentlich fehlen noch die Babyboomer als Helikopter-Großeltern, die mit ihren Enkelinnen zum Miley Cyrus Konzert gehen und ihnen das Popcorn kaufen.

Schön für die Generation Z ist eine Mutter, die beim Arbeitgeber ihrer eigentlich schon erwachsenen Tochter aus der Generation Z anruft und diese entschuldigt, weil sie wegen akuter Überforderung nicht zur Arbeit kommen kann. Inzwischen richten sich Unternehmen darauf ein, dass potenzielle Mitarbeiter ihre Eltern mitbringen: Sie sitzen nicht nur brav vor der Tür des Besprechungszimmers, sie wollen sogar mitsprechen. So berichtet das Wall Street Journal davon, dass Eltern nicht nur maßgeblich bei Bewerbungsschreiben helfen und zu Bewerbungsgesprächen (8 Prozent) mitkommen, allerdings nur im Ausnahmefall auch an den Gesprächen teilnehmen (3 Prozent)[1]. Später wollen im weltweiten Durchschnitt 8 Prozent der „Kinder“ ihre Leistungsbeurteilung den Eltern zeigen und auch Jobangebote mit den Eltern durchsprechen (13 Prozent). Prominente Firmen haben inzwischen einen „Bring in your parents day“ (LinkedIn), oder beispielsweise einen „Take your parents to work day“ (Google).

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Helikopter-Parents: Sie fliegen überall!
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Auch Hochschulen erleben immer mehr Eltern, die sich nicht nur damit zufrieden geben, ihre nicht-mehr-so-kleinen-Kinder zum Semesterbeginn abzuliefern: Sie wollen auch noch – am liebsten direkt mit den Professoren – mitbesprechen, was und wie ihre Schutzbefohlenen in Zukunft studieren sollten.

Wie stark die Helikopter-Eltern der Generation Z bereits an deutschen Hochschulen auftreten, zeigt ein ironisch gemeintes Hinweisschild der Universität Duisburg-Essen:[2] „Guten Tag liebe Eltern, hinter dieser Tür werden Ihre Fragen nur beantwortet, wenn Sie glaubhaft versichern können, dass Sie Ihrem studierenden Kind heute Morgen die Kleidungsstücke zurecht gelegt haben, die es gerade trägt. Sie ihm eine Frühstücksdose mit gesundem Inhalt in den Rucksack gepackt haben. Sie ihm beim Verlassen des Hauses den Reißverschluss an der Jacke zugezogen haben. Sie mindestens noch 30 Sekunden in der Haustür oder am Küchenfenster verfolgt haben, dass es auf dem Weg zur Universität nicht bummelt.“

Diese Helikopter-Eltern sind zwar kein neues Phänomen, doch die Intensität, in der sie gegenwärtig gesichtet werden, nimmt radikal zu. Vieles davon hat mit der Angst vor einer Bedrohung zu tun, über die man immer mehr in den Medien liest, und die zumindest subjektiv in England sowie den U. S.A groß ist. Da geht es um Bombenanschläge sowie um Schießereien an Schulen und Universitäten. Gleichzeitig gibt es die Angst vor der ungewissen Zukunft. Gerade weil die Eltern vielleicht noch viel besser als ihre Kinder wissen, wie problematisch sich die Arbeitswelt der Zukunft entwickeln dürfte, versuchen sie mit allen Mitteln, Schutzschilde aufzufahren und bei Entscheidungen zu helfen. Das Ergebnis all dieser Bemühungen ist eine Umgebung, die immer perfekter und umfassender ausgestaltet wird, die aber gerade deshalb die Kinder nervös, ängstlich und unsicher macht. Genau das aber ruft die Helikopter-Eltern noch intensiver auf den Plan.[3]

Die Bloggerin Taga Kennedy-Kline beschreibt das Phänomen der Helikopter-Eltern als eine Welt, in der Kinder in „Bubble Wrap“ (Noppenfolie) gepackt werden und nicht einmal mehr draußen spielen dürften beziehungsweise spielen könnten: [4] „Bubble-Wrap-Eltern wissen, dass ihr Kind auf eine rote Verkehrsampel achtet, weil das die klare Regel ist. Gleichzeitig schaffen sie den Wecker im Kinderzimmer ab, weil dieser den Kindern unnatürlichen Stress verursacht. Kinder dürfen auch nicht alleine auf der Straße spielen, weil hier das Verletzungsrisiko zu groß ist. Deshalb braucht es immer einen Trainer oder Schiedsrichter, der auf Regeln und Gleichbehandlung aufpasst. Auch das Spielen im Garten geht überhaupt nicht, wegen der Gefahr von Bakterien. Also: Spielen ohne Struktur und Schutz ist einfach zu bedrohlich für die perfekte Entwicklung des Kindes. Da sind Tablet-PCs und Smartphone besser.“

Interessant ist im Übrigen die Fortführung dieses Textes, in der Taga Kennedy-Kline beschreibt, dass es in Europa Kinder gibt, die ganz ohne elektronisches Spielzeug auf der Straße spielen und dabei offenbar glücklich sind. Ob es sich dabei allerdings um einen empirisch gesicherten Zusammenhang handelt mit der Botschaft „Europäische Eltern erziehen anders“ oder um eine versteckte Stereotypisierung, bleibt offen.

Insgesamt kann es nicht darum gehen, Eltern kollektiv und pauschal für alles das verantwortlich zu machen, was bei der Generation Z weniger rund und damit aus dem Ruder läuft. Denn die Generation Z genießt das Umsorgen und fordert es ein. Wie in der Tierwelt will die Generation Z nur ungern aus dem Nest gestoßen und zum Fliegen gezwungen werden.

Also: Die Generation Z wird wie keine andere Generation zuvor behütet, wobei der Generation Z dieser Zustand des Ver- und Umsorgtwerdens gefällt. Aus dem positiven Gefühl, so behütet zu werden, folgen das Bedürfnis nach permanenter Umsorgung und letztlich sogar ein vermeintlicher Anspruch darauf. Fehlt diese Umsorgung, an die sich die Generation Z derartig gewöhnt hat, reagiert die Generation Z mit Unverständnis und Unsicherheit.

Die politikfreie Generation

Prägend für die Generation Z ist aber nicht nur ihre Beziehung zu ihren Eltern, sondern auch zu Politikern. Aber keine Angst: An dieser Stelle kommt kein Politiker-Bashing, obwohl es dazu sicherlich genug Grund und ausreichend Anlass gäbe.

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Prägen ist etwas anderes als „Vorbild sein“: Politiker prägen oft, sind aber selten Vorbild.
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Nur sind leider...

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